Wenn ein Besucher eine Eintrittskarte kauft, kann er diese wieder zurückgeben, wenn er die Veranstaltung doch nicht besuchen möchte?
Grundsätzlich gilt: Wer einen Vertrag schließt, muss sich daran halten. In folgenden Fällen gilt das nicht:
- Anfechtung
- Widerruf
- Rücktritt
- Kündigung
1. Anfechtung
Der Besucher wird vom Veranstalter bedroht und kauft aus Angst um sein Leben ein Ticket. Abgesehen davon, dass das eher selten passieren dürfte, hätte der Besucher dann die Möglichkeit, den Kaufvertrag anzufechten (§ 123 BGB).
Der Besucher wird vom Veranstalter über die Umstände der Veranstaltung getäuscht; dies kann bspw. bei ungeschickter Werbung schon eher mal vorkommen. Auch hier kann der Besucher den Kaufvertrag anfechten (auch wieder nach § 123 BGB).
2. Widerruf
Verträge kann man widerrufen, wenn
- der Widerruf vertraglich vereinbart wurde, was bei Ticketkäufen regelmäßig nicht der Fall ist.
- das Ticket im so genannten Fernabsatz gekauft wurde.
- das Ticket im so genannten Haustürgeschäft gekauft wurde, was eher selten vorkommt.
a.) Fernabsatz
Ein Fernabsatzgeschäft liegt vor, wenn Besucher und Veranstalter den Ticketkauf bspw. über das Internet oder das Telefon abwickeln. Im Fernabsatz hat der Kunde (wenn er Verbraucher ist) ein gesetzliches Widerrufsrecht (§ 312 g BGB).
- Wenn der Besucher das Ticket im Laden oder an der Abendkasse kauft, liegt schon kein Fernabsatzgeschäft vor, es gibt dann auch kein Widerrufsrecht.
- Wenn der Besucher das Ticket im Vorverkauf im Internet kauft, ist das zwar ein Fernabsatzgeschäft – allerdings sind die Widerrufsvorschriften auf eben den Ticketkauf nicht anwendbar, wenn (wie üblich) die Veranstaltung zu einem konkreten Zeitpunkt stattfinden soll.
Somit kann der Besucher das Ticket, das er im Internet kauft, nicht mithilfe des gesetzlichen Widerrufsrechts zurückgeben – wenn die Veranstaltung im Zusammenhang mit einer Freizeitbetätigung steht (z.B. Konzerte), siehe § 312g Absatz 2 Nr. 9 BGB.
Warum? Da ansonsten der Veranstalter keinerlei Chance hätte, seine Veranstaltung vernünftig zu planen: Stellen Sie sich vor, dass in die Halle 1000 Personen passen. 1000 Personen bestellen 10 Tage vor der Veranstaltung jeweils ein Ticket und geben es kurz vor der Veranstaltung (= innerhalb der 14-Tage-Frist) wieder zurück. Dann kann der Veranstalter nicht mehr so kurzfristig die zurückgegebenen 1000 Tickets neu verkaufen und steht allein in der Halle.
Bspw. bei Seminaren zum Eventrecht ist das anders, da es sich hier typischerweise nicht um eine Freizeitbetätigung handelt: In diesen Fällen besteht ein Widerrufsrecht.
b.) Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge
Wenn ein Verbraucher in einem Ladenlokal Waren kauft, hat er kein Widerrufsrecht: Er kann die Ware ja dort anschauen.
Wie ist das aber auf einer Messe, wenn ein Verbraucher am Messestand ein Produkt kauft?
Der juristische Knackpunkt: Bei einem Messestand handelt es sich ja nicht um ein typisches, dauerhaftes Ladenlokal des Ausstellers, sondern um einen Ausstellungsstand, der nur für die Dauer der Messe dort steht.
Außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge“ sind Verträge (siehe § 312b BGB),
- die bei gleichzeitiger körperlicher Anwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers ist, oder
- die auf einem Ausflug geschlossen werden, der von dem Unternehmer oder mit seiner Hilfe organisiert wurde, um beim Verbraucher für den Verkauf von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen zu werben und mit ihm entsprechende Verträge abzuschließen (das sind die sog. Kaffeefahrten).
Dabei, und jetzt wird es für den Messestand relevant, ist ein Geschäftsraum
- ein unbeweglicher Gewerberaum, in dem der Unternehmer seine Tätigkeit dauerhaft ausübt, sowie
- ein beweglicher Gewerberaum, in denen der Unternehmer seine Tätigkeit für gewöhnlich ausübt (siehe § 312b Absatz 2 BGB).
Der Rechtsstreit landete schließlich beim Bundesgerichtshof, der dem Europäischen Gerichtshof die Frage vorgelegt hatte, ob es sich bei einem Messestand um einen Geschäftsraum handeln würde – denn diese Rechtsfrage basiert auf einer EU-Richtlinie, so dass letztlich der EuGH für die Auslegung dieser Begriffe zuständig ist.
Der Europäische Gerichtshof hat diese Frage wie folgt beantwortet:
Es kommt auf das konkrete Erscheinungsbild dieses Standes aus Sicht der Öffentlichkeit an. Und: ob sich der Stand in den Augen eines Durchschnittsverbrauchers als ein Ort darstellt, an dem der Unternehmer seine Tätigkeiten für gewöhnlich ausübt, so dass ein Verbraucher vernünftigerweise damit rechnen kann, dass er, wenn er sich dorthin begibt, zu kommerziellen Zwecken angesprochen wird.
Relevant ist hierbei die Wahrnehmung durch den Durchschnittsverbraucher, d. h. einen normal informierten, angemessen aufmerksamen und verständigen Verbraucher.
Das bedeutet:
- Maßgeblich ist das Erscheinungsbild, das der betreffende Stand dem Durchschnittsverbraucher bietet.
- Zu berücksichtigen sind alle Umstände rund um die Tätigkeiten des Unternehmers und insbesondere der vor Ort auf der Messe selbst verbreiteten Informationen.
- Kann der durchschnittliche Verbraucher anhand der Umstände erkennen, dass der Aussteller Produkte verkaufen will?
- Die Dauer der jeweiligen Messe ist insoweit für sich genommen nicht ausschlaggebend, da die Räumlichkeiten, an denen der Unternehmer seine Tätigkeit saisonal ausübt, „Geschäftsräume“ darstellen können.
Würde man dann – je nach Einzelfall – zu dem Ergebnis kommen, dass der Verbraucher erkennen konnte, dass an dem Stand verkauft werden soll, dann wird der KAufvertrag eben nicht „außerhalb von Geschäftsräumen“ geschlossen = es liegt kein Fernabsatzvertrag vor = der Aussteller muss den Käufer nicht über ein Widerrufsrecht belehren = es gibt kein Widerrufsrecht.
3. Rücktritt
Ein Rücktritt ist nur möglich (siehe § 323 Abs. 1 BGB), wenn…
- der Veranstaltung die fällige Leistung (= Veranstaltung zum vereinbarten Zeitpunkt) nicht erbringt und
- der Besucher die Leistung angemahnt hat. Wenn aber die Veranstaltung zu einem fixen Zeitpunkt stattfinden sollte (bspw. um 20 Uhr bis 23 Uhr) und eine spätere Leistung zwecklos oder nicht möglich ist, dann muss der Besucher auch nicht mahnen (§ 323 Abs. 2 Nr. 2 BGB). Dies ist in den meisten Fällen so.
Übrigens Der Veranstalter kann vom Besucher nicht verlangen, dass der sich auf eine Terminsverlegung einlässt. Wenn die Veranstaltung zum vereinbarten bzw. angekündigten Zeitpunkt nicht stattfindet, dann hat der Veranstalter seine vertraglich geschuldete Leistung nicht erbracht. Der Besucher muss dann seine Gegenleistung (= Zahlung Eintrittspreis) auch nicht erbringen bzw. kann den bereits bezahlten Eintrittspreis wieder zurückverlangen. Unter gewissen Umständen hat der Besucher sogar einen Schadenersatzanspruch (wobei die Höhe des Schadens oftmals problematisch ist).
Auch wenn der Veranstalter dies in seinen AGB regelt, ist eine solche Klausel unwirksam.
4. Kündigung
Eine Kündigung des Besuchervertrages kann unter Umständen in Frage kommen, bspw. bei unhaltbaren Zuständen (z.B. weil es in der Halle extrem kalt ist). Dann kann der Besucher den Vertrag “kündigen” (bspw. in dem er unter Protest die Halle verlässt). Rechtlich gesehen kann dies auch ein Rücktritt sein (siebe zuvor), was oftmals zum selben Ergebnis führt.
Umgekehrt kann auch der Veranstalter den Vertrag kündigen, bspw. wenn der Besucher betrunken randaliert. In diesem Fall kann der Besucher dann aber nicht mehr sein bereits bezahltes Eintrittsgeld zurückverlangen.
Hinweis: Der Beitrag wurde aufgrund Gesetzesänderungen im BGB aktualisiert.